3. FASTENSONNTAG

 

Evangelium nach Johannes (2,13-25)

 

Die Tempelaustreibung durch Jesus ist wieder so eine merkwürdige Erzählung, die in allen vier Evangelien vorkommt! Was ist hier also so wichtig? Was haben die Evangelisten mit dieser Erzählung gemeint?

Wie immer wollten sie nicht einen historischen Bericht geben und beschreiben, was genau der Reihe nach passiert ist. Es geht ihnen um die Bedeutung dieses Geschehens für uns, die Leser. Die Evangelien bieten nicht einfach eine Information über Jesus. Eine Information kann ich einfach zur Kenntnis nehmen. Sie muss mich aber nicht berühren und muss für mich keine Konsequenzen haben. Die Evangelien wollen uns aber davon überzeugen, dass dieser Jesus hier und jetzt, für mein Leben, Bedeutung hat.

Dass diese Tempelaustreibung kein historischer Bericht ist, ist ja klar. Beim Evangelisten Johannes geschieht dieser Auftritt von Jesus im Tempel zu Jerusalem, gleich am Anfang seines öffentlichen Auftretens, anschließend an die Hochzeit zu Kana. In den drei anderen Evangelien geschieht sie am Ende, kurz vor seinem Tod. Darüber hinaus müssen wir uns das einmal vorstellen: Der Tempel in Jerusalem war ein riesengroßer Komplex, mit regem Betrieb. Täglich wurden dort viele Tiere geopfert, die zuerst an Ort und Stelle gekauft werden mussten, nicht mit dem üblichen römischen Geld, denn das musste zuerst gegen eigene Münzen ausgetauscht werden. Marktatmosphäre, Lärm... All das spielte sich im Vorhof des Tempels ab, einer Anlage mit einer Fläche von etwa 400 mal 400 m. Und da soll ein einzelner Mann all diese Verkäufer, all die Tiere, hunderte Menschen mit einer Peitsche hinausgetrieben haben? Und all die Händler haben sich das einfach gefallen lassen? Darüber hinaus gab es eine Tempelpolizei, und die hat nicht eingegriffen? Und auch die römischen Soldaten waren in der Nähe, mit Aussicht auf den Tempel. Auch sie haben diesem Randalierer nur zugeschaut? Das ist ziemlich unwahrscheinlich. Hier wird nur gesagt: „Die Juden stellten ihn zur Rede: Aus welchem Grund darfst du das tun?“ Eben: Wer bist du?

Da kommen dann überraschende Sätze: „Reißt diesen Tempel nieder, in drei Tagen werde ich ihn wieder aufrichten“. Und: „Er aber meinte den Tempel seines Leibes. Als er von den Toten auferstanden war, erinnerten sich seine Jünger, dass er dies gesagt hatte, und sie glaubten der Schrift und dem Wort, das Jesus gesprochen hatte.“ Mit diesen Sätzen gibt der Evangelist zu erkennen, worum es ihm eigentlich geht. Es geht um die Bedeutung von Jesus für uns.

Für Jesus und für die Juden ist der Tempel ein Ort der Begegnung mit Gott. Aber die ganze Hektik und Betriebsamkeit, Emsigkeit, Aktivismus - wie berechtigt und notwendig sie oft auch sein mögen - verhindern das. Wir haben Angst vor Ruhe und Stille, wo wir mit uns selbst konfrontiert werden, in uns selbst gehen sollten und dort vielleicht innere Leere, Einsamkeit, Hilflosigkeit entdecken könnten. Oft sind wir auf der Flucht vor uns selber und vor Gott. Andere Interessen, hier die wirtschaftlichen, verhindern die Begegnung mit Gott.

Interessant ist eine Bemerkung von Paulus in seinem zweiten Brief an die Korinther, wo er sagt: "Wir sind doch der Tempel des lebendigen Gottes". Was Jesus in diesem Evangelium über sich selbst sagt („Brich diesen Tempel ab“... - und damit meint er sich selbst), sagt Paulus auch über uns: „Wir sind doch der Tempel“ - Gott wirkt und ist auch in uns. Gott können wir nicht nur in einem Kirchengebäude, sondern auch in uns selbst begegnen, vorausgesetzt wir schaffen dazu in uns selbst die nötige Ruhe. Und da fällt mir wieder dieser berühmte Satz von Augustinus ein: „Gott ist mir intimer, ist tiefer in mir selbst, als ich mir selbst bin.“

Deswegen die Frage dieser Erzählung an uns: Sollen wir nicht - wie Jesus - „aufräumen“, Lebensbereiche in und außerhalb unseres Selbst frei machen für Gott? Ist nicht gerade die Fastenzeit, die Zeit für eine „Aufräumungsaktion“ in unserem Leben? Welches Verhalten, welche Tätigkeiten führen uns von Gott weg? Was verdrängt ihn bei mir in den Hintergrund, lässt mich ihn aus den Augen verlieren, hindert mich daran auf ihn zuzugehen, meinen Glauben an ihn zu pflegen? Muss ich meinen inneren Tempel, mein Herz, nicht entrümpeln, damit ich wieder neu frei für Gott werde?

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